Stuttgarter Innenministerkonferenz steht im Regen

Presseerklärung
Niedersächsischer
Flüchtlingsrat e. V.
vom 24.06.2005

Geduldete Flüchtlinge werden zum Spielball von Wahlkampfstrategien
Keine Bleiberechtsregelung für Geduldete
Abschiebung von Minderheiten aus dem Kosovo und afghanischen Flüchtlingen

Mit großer Enttäuschung und scharfer Kritik hat der niedersächsische
Flüchtlingsrat die Weigerung der Innenministerkonferenz zur Kenntnis
genommen, auf menschenrechtlich begründete Forderungen einer breiten
Phanlanx von Verbänden, Flüchtlingsorganisationen und Menschenrechtsgruppen
zur Gewährung von Schutz und Bleiberecht für bestimmte Flüchtlingsgruppen
auch nur im Ansatz einzugehen.

Selbst der von Bundesinnenminister Otto Schily gestern in die
Innenministerkonferenz (IMK) eingebrachte Vorschlag für eine
Bleiberechtsregelung von hier aufgewachsenen Kindern und Jugendlichen und
ihre Familien, die gut integriert, aber bis dato nur geduldet sind, wurde
heute von den Innenministern der CDU-regierten Bundesländer abgelehnt und
damit von der in Stuttgart tagenden IMK verworfen. Der Bundesinnenminister
wurde stattdessen aufgefordert, das Anliegen einer Bleiberechtsregelung für
langjährig Geduldete in ein künftiges Korrekturgesetz zum Zuwanderungsgesetz
einzubringen. „Angesichts der anstehenden Bundestagswahl ist das Projekt
damit auf den St. Nimmerleinstag verschoben!“ kritisiert Dündar Kelloglu vom
niedersächsischen Flüchtlingsrat. „Es ist schändlich, wie die CDU hier auf
dem Rücken von Flüchtlingskindern Wahlkampf betreibt. Die Bundesrepublik
schiebt mit den hier in Deutschland aufgewachsenen Kindern ihre eigene
Zukunft ab.“ Bundesweit leben ca. 200.000, in Niedersachsen ca. 16.000
Menschen mit einer Duldung.

Trotz vielfacher Eingaben und kritischer Stellungnahmen fachkundiger
Organisationen und Experten halten die Innenminister auch an ihren Plänen
fest, ab 1.7.2005 Abschiebungen von afghanischen Flüchtlingen einzuleiten.
Die Beschränkung von Abschiebungen „vorerst“ auf alleinstehende Männer ist
reinste Augenwischerei: Mit dem Einstieg in die Abschiebungen wird die
gesamte Gruppe der afghanischen Flüchtlinge in Angst und Schrecken versetzt.
Die bereits vor einem halben Jahr von der IMK beschlossene
Bleiberechtsregelung greift viel zu kurz und schließt einen großen Teil der
Betroffenen von einem Bleiberecht aus. Ungerührt von den erschreckenden
Erkenntnisse von Rechtsanwälten und einer Richerin über die derzeitige Gewaltverhältnisse in Afghanistan (s. http://www.fluechtlingsrat-hamburg.de/content/BerichtAfgh070605.pdf) hat der niedersächsische Innenminister Schünemann bereits vor der IMK seine Absicht erklärt, ab 1.7.2005 afghanische Flüchtlinge abzuschieben.

Auch für ethische Minderheiten aus dem Kosovo konnte sich die IMK nicht zu
einem Bleiberecht durchringen. Forderungen nach einem Abschiebungsstopp für
tschetschenische oder togoische Flüchtlinge wurden auf der
Innenministerkonferenz nicht einmal diskutiert. Die Menschenrechtslobby in
Deutschland steht im Regen.

gez. Kai Weber
Niedersächsischer Flüchtlingsrat
T. 05121 – 102683
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Niedersächsischer Flüchtlingsrat
Langer Garten 23 B
31137 Hildesheim
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