Neues aus deutschen Gerichtssälen

Zum Thema Abschiebungshaft

OLG Köln, Beschluss vom 26.7.2006 “ 16 Wx 151/06 „:
Verschweigt die Ausländerbehörde gegenüber dem Amtsgericht wesentliche Tatsachen (hier: den Umstand, dass der Betroffene selbst bei der Behörde vorgesprochen hatte, bevor er verhaftet wurde), die im Rahmen der Ermessensentscheidung vor allem bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Haft eine Rolle spielen konnten, hat der Tatrichter sein durch § 62 Abs. 2 Satz 2 AufenthG eröffnetes Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt (ausüben können).
Hat sich die Sache vor der gerichtlichen Entscheidung wegen der inzwischen erfolgten Freilassung des Betroffenen in der Hauptsache erledigt, kann die nächste Instanz nicht die Ermessensausübung nachholen, vielmehr kommt es dann für die Rechtmäßigkeit der Haft alleine darauf an, ob in der Vorinstanz das Ermessen ausgeübt worden ist. Ist dies nicht der Fall, so ist die Entscheidung auch bei Vorliegen der Haftgründe aus § 62 Abs. 2 S. 2 AufenthG rechtswidrig.

Landgericht Berlin, Beschluss vom 5.3.2007 “ 84 T 72/07 B „:
Der irakische Betroffene war über Griechenland nach Deutschland gekommen. In der Abschiebungshaft stellte er einen Asylantrag, den das Bundesamt jedoch nicht beschied, weil es dafür hielt, es habe bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über eine ßbernahme des Betroffenen durch die griechischen Behörden lediglich ein Verfahren zur Bestimmung der Zuständigkeit des für die Prüfung des Asylgesuches zuständigen Mitgliedsstaates durchzuführen gehabt. Der Betroffene wurde später aus der Abschiebungshaft entlassen, nachdem die griechischen Behörden eine ßbernahme abgelehnt hatten. Das Landgericht hat entschieden, dass die Abschiebungshaft ab dem Datum des Ablaufs der Vierwochen-Frist nach § 14 Abs. 3 Satz 3 AsylVfG rechtswidrig war und der Fristablauf bereits mit Datum der Asylantragstellung angefangen hat. Zur Begründung führt das Landgericht unter anderem aus: „Von der Stellung des [Asyl-] Antrages am …. ist auszugehen. Auf diesen Tag hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge selbst die Antragstellung datiert. Die Pflicht zur Grenzantragstellung (§ 13 Abs. III S. 1 AsylVfG) ist eine Obliegenheit des Asylbewerbers, also ein Gebot eigenen Interesses, deren Nichterfüllung negative Konsequenzen zeitigt (Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., Rdnr. 19 zu § 13 AsylVfG), die Antragstellung aber somit nicht unwirksam macht. Keinesfalls darf einem Ersuchen die Qualität als Asylantrag unter Hinweis auf die fehlende behördliche Zuständigkeit abgesprochen werden (Renner Rdnr. 8 zu § 13 AsylVfG).
Den Ausführungen des Antragstellers, der Asylantrag sei von dem Bundesamt erst ab dem … zu bearbeiten gewesen, nachdem der Betroffene zur Durchführung eines Asylverfahrens an die Außenstelle des Bundesamtes weitergeleitet worden war, erst zu diesem Zeitpunkt liege ein wirksamer Asylantrag vor, kann ebenfalls nicht gefolgt werden.
Ein Asylverfahren ist von dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht durchgeführt, der Asylantrag nicht beschieden worden. Der Betroffene ist zwar aus Griechenland, einem sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. II S. 1 1. Alt. GG, eingereist … Damit entfiel nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zunächst das vorläufige Bleiberecht ebenso wie der Grundrechtsschutz unabhängig davon, ob eine Rückführung nach Griechenland möglich oder beabsichtigt war (vgl. dazu BVerfGE 1996, 87 f.) Indessen setzte es jedenfalls wieder ein, nachdem das Bundesamt keine Entscheidung darüber getroffen hatte, dass der Asylantrag des Betroffenen aus diesem Grunde unbeachtlich war (vgl. BayObLG EZAR 048 Nr. 52). In Ansehnung der gesetzlichen Regelung des § 14 Abs. III S. 3 AsylVfG steht das Ausbleiben der Zustellung einer Entscheidung des Bundesamtes innerhalb der dort genannten Frist einer Haftfortdauer immer entgegen (vgl. KG in InfAuslR 2005, 40). Auf den Grund der Verzögerung kommt es nicht an (Renner, Rdnr. 23 zu § 14 AsylVfG). Deshalb ändert daran nichts, dass das Bundesamt zunächst um die ßbernahme des Asylverfahrens durch die griechischen Behörden bemüht war (BayOblG, KG jeweils a.a.O.). Die gesetzliche Regelung ist insoweit eindeutig (a.a.O.), weshalb es auch nicht von Bedeutung ist, ob der Betroffene nun nach nicht geglückter Einreise zurückgeschoben oder aber nach illegaler Einreise abgeschoben werden soll.“

Zu andere ausländerrechtliche Fragen

VG Kassel, (PKH-) Beschluss vom 14.7.2006 “ 4 E 446/06-PKH „:
Die Frage, ob das Vorliegen eines zwingenden Ausweisungstatbestandes nach § 53 AufenthG die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG ausschließt oder § 53 AufenthG unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes restriktiv auszulegen ist, muss als offen angesehen werden.

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