Syrische Flüchtlinge: Verhindert der Streit um die Kosten eine Verlängerung des Landesaufnahmeprogramms?

Die Hannoversche Zeitung berichtet heute in ihrem Aufmacher über Auseinandersetzungen in der Landesregierung betreffend die Frage der Übernahme von Krankenkosten für Flüchtlinge aus Syrien, die im Rahmen des Landesaufnahmeprogramms aufgenommen werden. Die bisherige Regelung ist am 30.09.2014 wegen fehlender Mittel für die Übernahme von Krankenversicherungskosten ausgelaufen, was vom Flüchtlingsrat deutlich kritisiert wurde, siehe Bericht vom 16.10.

Ab Januar 2015 soll es eine Fortsetzung des Programms geben. Die Regierungsparteien sind sich jedoch nicht einig, aus welchem Budget die Kosten aufzubringen sind. Nachfolgend der HAZ-Bericht:

 Rot-Grün streitet über Krankenkosten für Flüchtlinge

 Hannover. Zwischen Innenminister Boris Pistorius und den Landtagsfraktionen von SPD und Grünen ist ein Streit darüber ausgebrochen, wie die Krankenversorgung von Flüchtlingen aus Syrien bezahlt werden soll. Der SPD-Politiker möchte einen Teil der Kosten aus seinem Budget streichen – doch dagegen regt sich unter den Abgeordneten Protest. Es geht dabei um die Übernahme von Krankenkosten für sogenannte Nachzügler. Der Landtag hatte im August beschlossen, zusätzlich zu der bereits festgelegten Aufnahme von 1880 syrischen Flüchtlingen ein Programm zur Familienzusammenführung aufzulegen. Flüchtlinge dürfen Angehörige nachholen, wenn sie selber in der Lage sind, ihnen eine Unterkunft und Essen zu bieten. Das Gesetz verlangt außerdem, dass die Flüchtlinge für ihre nachreisenden Angehörigen die Krankenversicherung bezahlen, doch hier senkte Niedersachsen die Hürden: Der Landtag beschloss mit den Stimmen aller Fraktionen, für die Nachzügler alle anfallenden Kranken- und Pflegekosten zu tragen. Dafür stellte das Ministerium zunächst 5 Millionen Euro zur Verfügung. Am 30. September war das Budget aufgebraucht – und jetzt ist die Debatte im Gange, wer die Kosten auf seine Rechnung nimmt, damit das Programm weitergeführt werden kann: Bis Ende kommenden Jahres werden weitere 6 Millionen Euro kalkuliert. Abgeordnete berichten, Innenminister Pistorius habe im Innenausschuss deutlich gemacht, dass er sich nicht in der Lage sehe, die Summe allein über sein Haus abzudecken. Er wünsche sich ein Engagement der Fraktionen dahingehend, dass das Geld über den Gesamthaushalt getragen werde. Nach Vorstellung des Ministers könnte die Finanzierung über die sogenannte politische Liste erfolgen. Das ist unter anderem ein Budget, über das die regierungstragenden Fraktionen im Rahmen von Haushaltsverhandlungen verfügen dürfen und mit dem sie ihren Wahlkreisen gerne kleine Geschenke zukommen lassen. In diesem Jahr geht es dabei nach HAZ-Informationen um eine Größenordnung von 20 Millionen Euro. In den Fraktionen sorgt der Vorschlag für Protest: Sinn der politischen Liste sei es, neue Projekte anzustoßen und nicht, bereits bestehende weiter zu finanzieren. Die Abgeordneten spielen den Ball zurück: Die Finanzierung der Krankenkosten für Flüchtlinge sei Aufgabe des Innenministeriums. Mitte Dezember stimmt der Landtag über den Haushalt für 2015 ab, bis dahin müssen Fraktionen und Ministerium eine Lösung gefunden haben. Niedersachsens Landesregierung will die Kostenübernahme grundsätzlich neu ordnen. Derzeit gibt es bei mehreren Ländern den Wunsch, dass der Bund die Krankenkosten für alle Flüchtlinge übernimmt: Der Bund könnte deutlich günstiger mit den gesetzlichen Krankenkassen einen entsprechenden Vertrag schließen, und jeder Flüchtling erhielte automatisch eine Krankenkarte. Derzeit ist die Krankenversorgung über die Pauschale abgedeckt, die das Land für jeden Flüchtling an die aufnehmende Kommune zahlt.

28.10.2014 / HAZ Seite 1 Ressort: TITEL

Aus Sicht des Flüchtlingsrats wäre die Übernahme der Krankenversicherungskosten durch den Bund und die Ausstellung einer Krankenversicherungskarte an alle Flüchtlinge natürlich wünschenswert. Solange der Bund mauert, ist aber die Landesregierung gefordert, den Bedarf abzudecken. Der Landtag hat die Landesregierung bereits im Juni 2014 aufgefordert, ggfs. selbst mit der AOK oder einer anderen Krankenversicherung einen Vertrag abzuschließen, der die Ausstellung einer Gesundheitskarte an alle Flüchtlinge ermöglicht (siehe hier). Die Bundesländer Bremen und Hamburg haben vorgemacht, dass das möglich ist. Doch auch ohne einen solchen Generalvertrag ist die Landesregierung in der Pflicht, die Krankenversicherungskosten für syrische Flüchtlinge zu übernehmen: Bei der Innenministerkonferenz vom Juni 2014 haben die Verantwortlichen sich darauf verständigt, dass alle Länder die Krankenkosten absichern und die Verwandten von dieser Verpflichtung ausnehmen. Mindestens acht Länder (Brandenburg, Berlin, Bremen, NRW, Sachsen Anhalt, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Hessen) haben diese Verpflichtung auch umgesetzt und das Landesprogramm verlängert – Niedersachsen bislang nicht. Das ist für eine Landesregierung, die mehrfach auch öffentlich die Verantwortung Deutschlands und Europas bei der Aufnahme syrischer Flüchtlinge beschworen hat, ein doch eher peinliches Eingeständnis.

Die Landesregierung muss sich jetzt zusammenraufen und schnell eine Lösung finden. Nach wie vor ist der Problemdruck gewaltig: Täglich erhalten wir Anrufe besorgter Familien, die ihre Angehörigen aufnehmen wollen, und die wir (bislang) mit Mühe auf das kommende Jahr vertrösten. Das Land Niedersachsen, dessen Innenminister sich wie kein anderer für die Ermöglichung einer Familienaufnahme zugunsten syrischer Flüchtlinge stark gemacht hat, muss diese Möglichkeit auch weiterhin gewährleisten. Das Landesaufnahmeprogramm bietet den unschätzbaren Vorteil, dass keine öffentlichen Kapazitäten für die Unterbringung und Versorgung bereit gestellt werden müssen. Lediglich im Bereich der Krankenversicherung entstehen aus den bekannten Gründen Kosten für die öffentliche Hand. Viele Initiativen wollen hier lebende Familien dabei unterstützen, eine private Aufnahme von Flüchtlingen zu ermöglichen. Dies wird jedoch nur möglich sein, wenn das Land das Aufnahmeprogramm fortsetzt und die Übernahme der Kosten für die Krankenversicherung gewährleistet.

Kai Weber

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1 Gedanke zu „Syrische Flüchtlinge: Verhindert der Streit um die Kosten eine Verlängerung des Landesaufnahmeprogramms?“

  1. Einreiseerlaubnis-Familienangehörige

    Sehr geehrte Damen und Herren, gern möchten wir Ihnen unser Anliegen schriftlich mitteilen. Es handelt sich um unsere Familienangehörigen, die aktuell in Syrien und in der Türkei aus dem Syrienkrieg geflüchtet sind leben. Wir haben bereits einen Antrag bei der Ausländerbehörde in Cuxhaven für eine Einreiseerlaubnis in die Bundesrepublik Deutschland gestellt. Nach telefonischer Mitteilung der Ausländerbehörde in Cuxhaven wurden die Unterlagen zur weiteren Bearbeitung der Bundesverwaltung Lüneburg zugeschickt. Da sich aktuell die Lage für unsere Angehörigen in Syrien sowie in der Türkei verschlechtert, hoffen wir auf Ihr Verständnis und bitte Sie, dass unser Antrag für unsere Familie schnellstmöglich bearbeitet und genehmigt wird. Die Daten der Angehörigen teilen wir Ihnen . Al Chikho Ali mit 5Kinder und Ehefrau. Herr Sheikh.Mahmoud Hussein und seine Kinder und Schwiegertochter die leidet unter Schilddrüsenkrebs.die ist 25Jahre.

    Mit freundlichen Grüßen
    Hasan Chikho
    Nesrin Sheikh-Mahmoud

    Straße Hausnr. zum Mühlenacker 1
    PLZ ,Ort 27619 , schiffdorf
    Land Niedersachsen

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