Landkreis Cuxhaven setzt Flüchtling auf die Straße

Verfassungswidriges Gebaren eines Abteilungsleiters im Landkreis Cuxhaven löst Kopfschütteln aus

Mit Schreiben vom 23.10.2013 hat der Landkreis Cuxhaven dem somalischen Flüchtling M. mitgeteilt, dass dessen Leistungen „mit Ablauf des 23.10.2013 … eingestellt“ werden. „Die Ihnen bisher gewährte Hilfe beinhaltet auch die Ihnen bisher als Sachleistung zur Verfügung gestellte Unterkunft, die nicht mehr von Ihnen genutzt werden kann. Bitte entfernen Sie Ihre persönlichen Gegenstände aus der Wohnung und geben Sie umgehend alle noch in Ihrem Besitz befindlichen Schlüssel für die Unterkunft … an mich zurück“, heißt es in dem gestrigen Bescheid. Auch Krankenhilfe soll nicht mehr gewährt werden: „Sollte eine ärztliche Behandlung notwendig werden, kann der Landkreis Cuxhaven nicht als Kostenträger angegeben werden. Ein Verstoß dagegen könnte einen Straftatbestand darstellen….“

Die Ursache des behördlichen Furors: M. ist nach Auffassung der Behörde nicht regelmäßig einer Arbeitsgelegenheit nachgekommen, zu der er vom Landkreis Cuxhaven gemäß § 5 Abs. 4 AsylVfG verpflichtet wurde. Diese Tätigkeit, die mit 1,05 € pro Stunde vergütet wird, ist politisch sehr umstritten: Der im Januar 2013 nach Deutschland geflohene M. unterlag bislang einem absoluten Arbeitsverbot und darf mit seinem Status als Asylsuchender an keinen Integrations- oder Sprachkursen teilnehmen. Die Verpflichtung zu „Arbeitsgelegenheiten“ bei gleichzeitiger Verweigerung anderer Qualifikationsangebote hat den Beigeschmack von Zwangsarbeit

Im konkreten Fall liegt aber gar keine Arbeitsverweigerung vor: M. hat, wie der Landkreis selbst einräumt, regelmäßig ein ärztliches Attest vorgelegt, wenn er krankheitsbedingt nicht zur Arbeit erschien. Allerdings habe er die Krankschreibungen nicht wie gefordert am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit vorgelegt. Lediglich für den 17. und 18. Oktober liegt der Behörde noch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Dieses „unentschuldigte Fernbleiben“ veranlasst den Landkreis Cuxhaven nun zu dieser drakonischen Maßnahme.

Rechtsanwalt Sascha Kellmann, der auf Vermittlung des Flüchtlingsrats das Mandat übernommen hat, zeigt sich entsetzt und wirft dem Landkreis verfassungswidriges Handeln vor: „Unbeschadet der Frage, ob hier gemäß § 5 AsylbLG die Voraussetzungen für eine Leistungseinstellung überhaupt vorliegen, erweist sich die vollständige Einstellung der Leistungen mit dem Grundrecht aus Artikel 1 GG unvereinbar.“

Mit Eilantrag und Antrag auf Erlass einer Hängeanordnung hat Kellmann sich nun an das Sozialgericht Stade gewandt. Der Landkreis Cuxhaven hat bereits eingelenkt und eine Rücknahme des rechtswidrigen Bescheids in Aussicht gestellt.

 

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