Flüchtlingsrat protestiert gegen rechtswidrige Abschiebung im Landkreis Schaumburg

Abschiebungsskandal in Niedersachsen: Der syrische Flüchtling M. wurde heute  morgen um 3.00 Uhr in Stadthagen (Landkreis Schaumburg) durch die Polizei abgeholt. Die Polizei brach die Wohnungstür auf und nahm den Flüchtling mit, der per Flugzeug über Hamburg nach Ungarn abgeschoben werden sollte. Dabei hatte das Verwaltungsgericht Hannover die Abschiebung bereits am 15.12.2015 gestoppt. Sowohl das Bundesamt als auch die Ausländerbehörde hatten das Urteil des VG Hannover vom 15.12.2016 offenbar nicht zur Kenntnis genommen. Erst in letzter Sekunde konnte Rechtsanwalt Dündar Kelloglu, Mitglied im Vorstand des Flüchtlingsrats Niedersachsen, gegen Mittag erreichen, dass M. wieder aus dem Flugzeug geholt wurde.

Wer für den Behördenpfusch zuständig und verantwortlich ist, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Das Bundesamt als zuständige Behörde wurde über die Entscheidung des Verwaltungsgerichts informiert, die lokale Ausländerbehörde und das Landeskriminalamt leisteten jedoch Amtshilfe. Der rechtswidrige Abschiebungsversuch war nur möglich, weil auch in Niedersachsen Abschiebungen unangekündigt und immer wieder auch zur Nachtzeit erfolgen. Schon Ende 2015 gab es eine rechtswidrige Abschiebung im Landkreis Gifhorn.

Herr und Frau M. flohen am 09.05.2016 über Ungarn in das Bundesgebiet und stellten Asylanträge. Mit Bescheid vom 08.09.2016 lehnte das Bundesamt die Anträge als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an. Gegen den Besched vom 21.09.2016 wurde beim VG Hannover Klage erhoben und Eilantrag gestellt. Am 7.10. 2016 lehnte das VG Hannover den Eilantrag mit Beschluss vom 07.10.2016 zunächst ab. Erst im Hauptsacheverfahren hob das VG Hannover mit Urteil vom 15.12.2016 den Bescheid schließlich auf. Das Urteil wurde auch dem Bundesamt zugesandt.

In Ungarn droht Flüchtlingen eine menschenrechtswidrige Behandlung. Erst jüngst erklärte die ungarische Regierung, dass ausnahmslos alle Asylsuchenden in Ungarn inhaftiert werden. Auch das OVG Niedersachsen entschied am 15.11.16, dass wegen „systemischer Mängel“ keine Überstellungen nach Ungarn durchgeführt werden dürfen. Vor dem Hintergrund des menschenverachtenden Umgangs der ungarischen Regierung mit Flüchtlingen fordern wir einen sofortigen Abschiebungsstopp nach Ungarn.

Nachtrag 20.01.2017:

In seiner Antwort erklärt das BAMF, dass ein Fehler des Verwaltungsgerichts vorliegt, aber zukünftig durch das BAMF zusätzlich eine Information auch der Ausländerbehörde erfolgen soll. Wörtlich schreibt das BAMF:

„… Ich habe den Vorgang geprüft. Zum Glück konnte die Abschiebung … verhindert werden. Zum Sachverhalt: Zunächst wurde der §80/5 VwGo Eilantrag vom VG abgelehnt. Dann erging auf den Antrag nach § 80/7 ein bescheidaufhebendes Urteil. Über den Antrag nach § 80/7 haben wir die ABH mit Schreiben vom 14.12.2016 informiert. Der Antrag hat zunächst keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag wurde nicht zunächst gesondert entschieden.

Das Urteil ging vermutlich nicht vom VG auch nachrichtlich an die ABH. Eine Mitteilung an die ABH durch uns erfolgt nach aktueller Weisungslage erst nach Rechtskraft, in diesem Fall wäre dies also nächste Woche erfolgt. Da es sich um eine DÜ-Abschiebung handelte, hatten wir in Friedland hierüber keine Information. Manche Kammern informierten auch bisher schon die ABHs. Viele ABHs fragen bei uns an, bevor sie tätig werden. Beides ist hier unterblieben.
Die Information an die für die DÜ-Abschiebung zuständigen Kollegen erging vor Eingang des Urteils. Durch die Neuregelung des § 83a AsylG haben die Gerichte die ABH zu informieren, wenn das Verfahren die Rechtmäßigkeit einer nach dem AsylG erlassenen Abschiebungsandrohung oder -anordnung zum Gegenstand hat. Um einen solchen Fall hat es sich hier ja gehandelt.
Die bisherige Weisungslage ist offenbar nicht ausreichend. Diese Lücke ist durch die o.a. Neuregelung eigentlich geschlossen worden. Ich nehme den Fall zum Anlass, eine Vorlage zu erstellen, wonach das BAMF zusätzlich automatisch bei Eingabe eines bescheidaufhebenden Urteils eine entsprechende Information an die ABHs geben soll. Dann dürfte ein solcher sehr bedauerlicher Fall nicht mehr vorkommen. (…)“

 

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